Der Apfel wars gar nicht!
Der Moment… gerade der Moment, in dem Eva mit ihrer linken Hand nach dem Apfel greift und ihn pflückt.
Also damals, im Garten Eden …
Die Szene spielt in der grünen und blühenden Landschaft des irdischen Paradieses. Bäume, Gräser, Kräuter und Blumen wie Iris, Rosen und Akelei sind detailreich wiedergegeben. Adam und Eva leben hier Seite an Seite im Garten Eden. Wir sehen sie in ihrer natürlichen Körperlichkeit, er sonnengebräunt und sehnig, sie deutlich blasser. Und neben dem Apfelbaum lauert auch schon die Versuchung. Meist eine Schlange, hier allerdings ein Mischwesen mit dem Körper einer Eidechse, mit Entenfüssen, Krallen – und einem Frauenkopf, der Eva ziemlich ähnlich sieht.
Ein Apfel wars!?
Mit einer fast beiläufigen Bewegung pflückt Eva gerade einen Apfel vom Baum der Erkenntnis. Adam wartet schon sehnsüchtig darauf. Vom Apfel in ihrer rechten Hand hat sie bereits selbst abgebissen. Und genau da hat (zumindest im christlichen Glauben) die ganze Misere mit der Menschheit ja begonnen – denn es war dem Menschenpaar von Gott verboten, von diesen Früchten zu essen.
Der Apfel hat als Symbol vielfältige Bedeutung: er kann beispielsweise für Fruchtbarkeit stehen, für Liebe oder das Leben schlechthin; auch für Reichtum oder Entscheidung, man denke dabei nur an den armen Helden Paris, der mit seinem Apfel den Trojanischen Krieg auslöste. Als Reichsapfel stellt er ein Herrschaftssymbol dar. In China wiederum symbolisiert der Apfel unter anderem den Frieden. Von (fast) all dem wird hier bei ArtFood – Der etwas andere Foodblog noch erzählt werden.
In der christlichen Symbolik steht der Apfel allerdings oft für die Verlockung oder das Böse. Gemäß Altem Testament ist durch Adam, Eva und den Apfel die Erbsünde in die Welt gekommen.
Oder doch nicht?
Wobei … in der christlichen Bibel ist von einem Apfel nie die Rede! Adam und Eva sind das erste Menschenpaar, von ihnen erzählt das erste Buch des Alten Testaments, die Genesis. Er gemacht aus Erde und dem Lebenshauch Gottes, sie aus Adams Rippe. Seite an Seite leben sie im irdischen Paradies – allerdings ohne Apfelbaum.
„Sie [die Schlange] sagte zu der Frau: Hat Gott wirklich gesagt: Ihr dürft von keinem Baum des Gartens essen? Die Frau entgegnete der Schlange: Von den Früchten der Bäume im Garten dürfen wir essen; nur von den Früchten des Baumes, der in der Mitte des Gartens steht, hat Gott gesagt: Davon dürft ihr nicht essen und daran dürft ihr nicht rühren, sonst werdet ihr sterben. Darauf sagte die Schlange zur Frau: Nein, ihr werdet nicht sterben. Gott weiß vielmehr: Sobald ihr davon esst, gehen euch die Augen auf; ihr werdet wie Gott und erkennt Gut und Böse. Da sah die Frau, dass es köstlich wäre, von dem Baum zu essen, dass der Baum eine Augenweide war und begehrenswert war, um klug zu werden. Sie nahm von seinen Früchten und aß; sie gab auch ihrem Mann, der bei ihr war, und auch er aß. Da gingen beiden die Augen auf und sie erkannten, dass sie nackt waren. Sie hefteten Feigenblätter zusammen und machten sich einen Schurz.“ (1.Mose 3,7)
Also Früchte. In der frühchristlichen Kunst wurde diese Frucht als Feige interpretiert. Es könnte sich aber auch um einen Granatapfel gehandelt haben, da dieser im Mittelmeerraum und im Nahen Osten seit undenklichen Zeiten kultiviert wird. Allerdings gibt es auch Darstellungen von Eva mit einer Zitrusfrucht in der Hand, genauer gesagt einer Adamsapfel-Lumie, auch süße Limone genannt.
Es ist unklar, wo bzw. wann genau die Sache mit den Äpfeln begonnen hat. Irgendwann ab dem späten Mittelalter jedenfalls stellt die christliche Kunst den Baum der Erkenntnis von Gut und Böse als schnöden Apfelbaum dar. Die gängigste Erklärung dafür geht von einem Wortspiel in der lateinischen Bibelübersetzung aus: das lateinische Wort malum bezeichnet nämlich sowohl den „Apfel“ als auch „das Böse, das Übel“. Und der Begriff malus kann „Apfelbaum“ oder „böse“ bedeuten.
Was es dann bedeutet, wenn Maria dem Jesuskind einen Apfel – oder doch eine Zitrone? – reicht … davon ein andermal – nämlich hier: Heilige Zitronen überall!
Infos & Quellen
*Hugo van der Goes, flämischer Maler, ca. 1435/1440 – 1482. wiki.
*Bibelzitat: bibleserver.
Bilder:
*Hugo van der Goes: Der Sündenfall; ca. 1477/1479. KHM Wien.
Das Gemälde Der Sündenfall ist ein Teil des sogenannten Wiener Diptychons (2-teiliges Gemälde, meist mit Scharnieren verbunden) von Hugo van der Goes. Der Sündenfall ist dabei der linke Teil, auf der rechten Seite wird Die Beweinung Christi gezeigt.
*Peter Paul Rubens: Adam und Eva / Der Sündenfall; 1628/29. Museo del Prado.
*Lukas Cranach der Ältere: Paradies; 1530. KHM Wien.
*Andere: Alice Schmatzberger.
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